Das Projektteam richtig zusammensetzen

Das Projektteam richtig zusammensetzen

Der Mix macht es. Ist das Projektteam richtig zusammen gesetzt, klappt die Zusammenarbeit miteinander und mit dem Kunden gleich viel besser. Aber was ist die richtige Mischung? Unser Beispiel zeigt dafür einen Ansatz.

Kick-off für ein neues Projekt. Alle Beteiligten versammeln sich im Meetingraum. Heute soll das neue Großprojekt für den Neukunden vorgestellt werden. Der Projektleiter Martin Keller steht lächelnd und leicht tänzelnd vorne am Rechner, während er seine Finger knetet. Entwickler, Tester und weitere Teilprojektleiter setzen sich nach und nach. Auch der Geschäftsführer Christian Albrecht ist da, denn das Projekt hat strategische Bedeutung für das gesamte Unternehmen. Ebenfalls anwesend sind ein paar Mitarbeiter aus der Verwaltung und zwei Assistentinnen.

Richtige Projektteam-Zusammensetzung

Ein Blick in die Runde zeigt es schon: Hier sind sehr unterschiedliche Menschen versammelt. Verschiedene Altersgruppen, Männer und Frauen, auch unterschiedliche Nationalitäten. Vor allem aber sitzen verschiedene Temperamente am Tisch. Vom Controller Jan Schuster wissen viele schon aus früheren Projekten: Der kann ein penetranter Erbsenzähler sein. Wenn der nicht am Ende des Monats 100 % aller Stunden in der Zeiterfassung hat, kann er ungemütlich werden. Dem Teilprojektleiter Robert Keller sieht man schon an, dass er ein Hitzkopf ist. Mit rotem Kopf, schnaubend kam er im Laufschritt in den Raum. Zwei Entwickler sehen sich wissend an und rollen die Augen. Ob da schon Konflikte vorprogrammiert sind? Und dann ist da noch die Assistentin Sara Peters, die dem Projekt zugeordnet ist, ein fleißiges Bienchen, die im Hintergrund dafür sorgt, dass für Kundenbesuche immer alles tiptop vorbereitet ist.

Martin Keller denkt sich: „Das wird Arbeit, diese unterschiedlichen Menschen in einem Team zusammenzuhalten.“ Doch bevor er diesen Gedanken zu Ende denken kann, beginnt Geschäftsführer Albrecht mit seinen Begrüßungsworten.

Gibt es eine ideale Teamzusammensetzung?

Das Riemann-Thomann-Modell bietet eine gute Möglichkeit, die Qualitäten Ihres Teams sichtbar zu machen. Dazu werden vier Dimensionen auf zwei Achsen betrachtet: Nähe und Distanz sowie Dauer und Wechsel. In diesen Quadranten lassen sich acht Teampersönlichkeiten platzieren.

Riehmann-Thomann-Modell

Die vier Dimensionen des Riehmann-Thomann-Modells lassen sich wie folgt beschreiben:

Dimension 1: Nähe

Menschen, die eine hohe Nähe-Ausprägung haben, fühlen sich in Teams besonders wohl, blühen in der Gruppe auf und bringen sehr gute Leistungen. Sie brauchen Zustimmung, vermeiden Konflikte und sorgen für ein gutes Klima. Sie arbeiten eher im Hintergrund, können gelegentlich aber auch etwas aufdringlich und anbiedernd wirken. Der typische Vertreter ist der Teamworker.

Dimension 2: Distanz

Distanz-Typen legen Wert auf ihre Freiheit und pflegen ihre Individualität, selbstsicher und eigenständig. Sie können gut alleine arbeiten, haben häufig eine sehr hohe Fachkompetenz, schweifen nicht ab. Sie halten andere Teammitglieder auf Distanz bzw. gehen selber auf Distanz zum Team. Dadurch können sie auch kühl und arrogant wirken. Hier ist der Moderator und der Prozesssteuerer zu verorten.

Dimension 3: Dauer

Personen, die im Teamquadrat eine starken Ausschlag auf der Dauer-Skala haben, sind die geborenen Planer. Sie durchdenken Dinge bis in die kleinsten Details. Sie lieben eine systematische Vorgehensweise, sind ausdauernd und vorsichtig. Dauer-Typen können aber auch pedantisch und streberhaft sein. Ein Vollender bzw. Perfektionist ist ein typischer Vertreter dieser Teampersönlichkeit.

Dimension 4: Wechsel

Menschen, die den Wechsel lieben, sind innovativ, flexibel und risikofreudig. Sie sind kreativ im Finden von Lösungen. Mitreißend und begeisternd nehmen sie ihre Mitmenschen mit. Das kann für manche auch flatterhaft, launisch und oberflächlich wirken. Regeln sind solchen Wechsel-Typen ein Graus. Wechsel-Typen werden im Team am besten durch Querdenker bzw. Innovatoren repräsentiert.

Die Typen Kritische Reflektierer, Teamtreiber/Aufgabenführer, Pragmatiker und Vernetzer nach Außen bezeichnen Rollen, die jeweils zwischen den vier Quadranten-Extremen stehen (vgl. Abb. oben).

Das Riemann-Thomann-Modell erlaubt es, Teammitglieder in den vier Quadranten einzuordnen (Punkte A bis E in Abb. oben) und so festzustellen, ob die Teamzusammensetzung ausgewogen ist. In unserem Beispiel ist leicht ersichtlich, dass Teammitglied B als Perfektionist und Pragmatiker relativ alleine steht. Man könnte nun meinen, dass B deshalb gar nicht ins Team passt und Konflikte vorprogrammiert seien. Aber es könnte auch sein, dass dieses Teammitglied eine wichtige Aufgabe im Team übernimmt. B ist der Controller, der als Gegenwicht zu den Querdenkern und Innovatoren dafür sorgt, dass vor lauter neuen und innovativen Ideen das Projektbudget nicht überschritten wird. Mithilfe des Riemann-Thomann-Modells lassen sich solche Konstellationen im Team abbilden und bewusst machen.

Das Riemann-Thomann-Modell erlaubt es zudem, die Zusammensetzung von zwei Teams, also das eigene und das Kundenteam, jeweils zu analysieren und beide Team-Quadranten miteinander zu vergleichen. So ist es z. B. möglich, das eigene Team mit Persönlichkeiten zu besetzen und auszutarieren, die den spezifischen Teampersönlichkeiten des Kundenteams ähnlich sind.

Wo stehen wir? Was macht uns als Projektteam aus?

An dieser Stelle kommt häufig die Frage, ob diese Methode nicht zum Schubladendenken führt. Das ist natürlich möglich, denn wie alles hat auch das Riemann-Thomann-Modell seine zwei Seiten. Thomann verstand sein Modell immer als ein Modell zur Konfliktklärung und -lösung und nicht als Modell zur Typologie von Charakteren. Zur Analyse und Visualisierung der Teamzusammensetzung ist es hervorragend geeignet.

Um die Methode in der Konfliktklärung und -lösung anzuwenden, können wir uns im Nachgang einige Fragen stellen und diskutieren:

  • Wie viele eindeutige bzw. einmalige Rollen gibt es im Team?
  • Welche Rollen sind doppelt oder mehrfach besetzt? Werden diese dadurch besonders verstärkt?
  • Gibt es komplementäre Rollenbesetzungen und welche Konflikte oder Ergänzungen entstehen daraus?
  • Welche Rollen fehlen im Team? Ist es sinnvoll, diese zu ergänzen?
  • Welche Stärken hat das Team durch seine spezifische Rollenbesetzung, welche Konfliktpotenziale könnten sich daraus ergeben?

Es ist wichtig, sich immer vor Augen zu halten, dass es gleichgültig ist, wer welche Rolle inne hat. Es gibt im Team keine positiven oder negativen Rollen. Wir wissen aus dem Kapitel über Werte und Tugenden, dass Werte, wenn sie übertrieben ausgeprägt sind, zur Karikatur, zur Untugend werden und schaden können. Sie brauchen auch bei der Rollenverteilung im Team einen Gegenwert, der das Gefüge im Gleichgewicht hält. In unserem Beispiel würde sich der Controller im Team zu einem pedantischen, doktrinären Erbsenzähler entwickeln, wenn als Gegenwert zur Genauigkeit und Korrektheit des Controllers nicht die Flexibilität oder Spontaneität eines anderen Teammitglieds hinzukäme. Diese Werte bzw. Tugenden müssen durch ein anderes Teammitglied ins Team gebracht werden.

Wie sieht es in Ihrem aktuellen Team aus? Wie positionieren sich dort die Teammitglieder? In unserer Übung können Sie eine „Landkarte“ Ihres Teams erstellen.

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